Dieser Artikel ist die Zusammenfassung eines Interviews, das ich im August 2015 mit Herrn Meier, dem Technischen Leiter einer Sportartikel Firma geführt habe.
Bei großer Hitze fuhr ich am Vormittag ins mittelfränkische Herz in den Landkreis Ansbach. Von außen wirkte das Sportartikel-Unternehmen aufgeräumt, schlicht, aber trotzdem einladend. Am Empfang begrüßte mich eine nette Dame und führte mich in das Besprechungszimmer. Der Raum war, so glaube ich, der kühlste momentan im Unternehmen… 😉
An den Wänden waren Regale angebracht, darauf standen Produkte der Firma ausgestellt. Ich erkannte sofort einige Produkte, da ich selbst gerne sportlich unterwegs bin und von dieser Firma mir schon einiges gekauft habe… Einfach Top-Qualität und unverwüstlich!
Herr Meier betrat den Raum und wir setzten uns an den Besprechungstisch.
Schon während unserer persönlichen Vorstellung begannen wir über Abläufe, Prozesse, Selbstverständlichkeiten von Führung und auch über Wertschätzung von Mitarbeitern ‚fachzusimpeln’. Wir sprachen über die Themen, die ich mir in der Vorbereitung auf das Gespräch vorgenommen habe: Ich wollte herausfinden, wie die Firma ihre Mitarbeiter im Arbeitsalltag motiviert.
Grundsätzlich ist niemand immer hochmotiviert!
Wir wurden uns im Gespräch schnell einig, dass niemand jeden Tag zu 100{33021b95cf6ebe38d4f111aae20b94e0e9e2e8f7fe0db60df5be5fe57ec885d8} motiviert sein kann. Das gelingt nicht einmal jemanden, der glaubt seinen Traumjob gefunden zu haben. Herr Meier sagte auch, dass seine Mitarbeiter nun nicht zu Großverdienern gehören und in der Hauptsache doch wegen des Geldes in seine Firma zur Arbeit kämen.
Ich erwiderte, dass wenn das der einzige Motivationsfaktor wäre, sie ja dann auch woanders hingehen könnten. Er stimmte mir zu und sagte, dass die Loyalität zur Firma groß und daher die Fluktuation des Personals äußerst gering sei…ja aber woran liegt das denn?
Ja, das Geld ist ein kräftiger Motivator!
Die Firma zahlt ihren Mitarbeitern ein angemessenes Gehalt. Es ist kein Spitzengehalt, aber doch auch weit vom Mindestlohn entfernt. Es gibt zusätzlich eine Jahresprämie, die an den Firmenerfolg gekoppelt ist
Aber was ist es noch, was die Mitarbeiter im Unternehmen hält?
An dieser Stelle verlasse ich schon den Hauptmotivator, das Entgelt und komme zu den Motivatoren, die eher ‚so nebenbei’ gelebt werden…und das sind allesamt die sogenannten ‚weichen’-Faktoren, die ja auch mich in meinem Interview interessieren:
- Es gibt einen jährlichen Betriebsausflug, an dem regelmäßig ca. 70{33021b95cf6ebe38d4f111aae20b94e0e9e2e8f7fe0db60df5be5fe57ec885d8} der Belegschaft teilnehmen. Bei der Organisation wird darauf geachtet, dass das Angebot sich inhaltlich an die jüngeren und älteren Mitarbeiter richtet.
- Es gibt eine ‚Monatsende-Feier’, an der die Ergebnisse besprochen werden.
- Es werden wöchentlich die Geburtstage von Mitarbeitern in der Kantine ‚gefeiert’. Der Betrieb bezahlt dies mit einer halben Stunde Arbeitszeit
- Es gibt 1 mal pro Woche in der Kantine einen Obsttag. Die Mitarbeiter können in der Kantine Obst aus der Region kostenlos mitnehmen.
- Es werden in der Firma Arbeitsplätze für ältere Mitarbeiter in der Fertigung geschaffen.
Jedem alles Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann
Während der 340 –Hitzerekorden im Jahr 2015 wurden auch mal spontan die Speiseeistruhen aus dem Supermarkt für die Belegschaft leer gekauft. „Das ist doch keine große Sache!“, meinte Herr Meier geringschätzend. Ich sagte, dass es aber schon gelebte Wertschätzung der Mitarbeiter sei!
Natürlich argwöhnen und nörgeln auch manche Mitarbeiter, dass sie sich ihr Eis auch selbst kaufen könnten, jedoch geht es ja hier nicht um das Verschenken des Eises, sondern um die Geste und die wird überwiegend von der Belegschaft positiv aufgenommen… Muss man sich denn immer an den Nörglern orientieren?
Bei der Firma wird wegen dem Saisongeschäft auch auf flexible Arbeitszeiten gesetzt, sowohl in der Produktion, als auch in der Verwaltung. Das dies nicht immer positiv bei der Belegschaft ankommt ist klar! Es mussten Zusatzschichten an Samstagen über Monate hinweg bereitgestellt werden, um den Bedarf der Kunden zu decken. Die Firma bedankte sich mit einem kurzfristigem Grill-Event für alle Mitarbeiter – eine hohe Teilnahme war die Folge!
Auf die gelebte Arbeitskultur kommt es an!
Herr Meier, der schon seit 20 Jahren in der Firma und 18 Jahre davon Technischer Leiter ist, ergänzte die o.g. Maßnahmen noch um den Faktor von täglicher Wertschätzung der Arbeit als er sagte:
„Wenn es mal Qualitäts- oder auch andere Probleme in der Produktion gibt, dann suchen wir nicht den Schuldigen, sondern wollen die Verursachungsgründe finden!“ Er betonte weiterhin: „Klar, dass auch menschliche Ursachen dahinter stecken, aber nur so bekommen wir wertvolle Hinweise, wie wir solche Qualitätslücken in den Prozessen schließen können! Wenn wir ‚Schuldige’ suchen, werden wir Schweigen und Verdrängung ernten und deshalb nur sehr schwer die wichtigen Erkenntnisse zur Verbesserung unserer Prozesse und Produkte erhalten!“
Wie bekommt und hält man nun ‚gute Mitarbeiter’?
„Gute Leute zu bekommen ist nicht so einfach! Sie zu entwickeln ist ein wichtiger Faktor für Kontinuität. Mir ist es wichtig, dass sich unsere Mitarbeiter auch mit unseren Produkten identifizieren, also eine Art Beziehung aufbauen. Dabei ist es für mich als Führungskraft klar, dass ich Aufgaben delegieren muss. Wenn ich das nicht kann, dann mache ich etwas falsch!“ meinte Herr Meier mit einem ernsten Blick.
Ich nickte der Aussage befürwortend zu und ergänzte, dass es wohl keine Weiterentwicklung der Mannschaft gäbe, wenn immer nur die Führungskräfte alles Wissen und alle Fähigkeiten für sich behielten.
Fazit
Aus diesem sehr interessanten Gespräch gäbe es noch Einiges zu berichten.
Zusammengefasst habe ich den Eindruck gewinnen können, dass diese Firma die Mitarbeitermotivation ohne großes Tam-Tam lebt und zeigt, wie mit klarem Blick auf Produktivität und Erfolg der Firma auch der Mitarbeiter davon profitiert…und dies ohne großen Aufwand. Im harten Wettbewerb mit asiatischen Herstellern ist diese Firma als deutscher Hersteller in Mittelfranken mit ihren Mitarbeitern gut aufgestellt.
Vielen Dank an Herrn Meier für dieses sehr interessante und offene Interview!
Dieser Beitrag hat einen Kommentar
Ja, schön zu lesen, dass es Unternehmen gibt, denen ihre Mitarbeiter wichtig sind. Nichts anderes wünscht sich der geneigte Arbeitnehmer. Auch der jährliche Betriebsausflug ist eine gemeinschaftsbildende Maßnahme, die heutzutage nicht unbedingt gang und gäbe ist, im früheren Ostdeutschland jedoch z.B. eine Selbstverständlichkeit war.